Prof. Dr. Werner Hemmert und Dr. Siwei Bai arbeiten an Computermodellen, die den Hörprozess mit Cochlea-Implantaten simulieren.
Prof. Dr. Werner Hemmert und Dr. Siwei Bai arbeiten an Computermodellen, die den Hörprozess mit Cochlea-Implantaten simulieren. Bild: Andreas Heddergott / TUM

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Computermodelle sollen Hörimplantate verbessern

DFG Förderung für Forschung zu Cochlea-Implantaten

Mit Cochlea-Implantaten (CI) können Personen mit hochgradigem Hörverlust wieder an der gesprochenen Kommunikation teilhaben. Viele grundlegende Eigenschaften bei der elektrischen Stimulation des Hörnervs mit CIs sind jedoch noch nicht geklärt. Deshalb entwickeln Prof. Werner Hemmert und sein Team am Munich Institute of Biomedical Engineering (MIBE) Computermodelle und erforschen welche Informationen vom CI an das Nervensystem weitergeben werden. Die Deutsche Forschungsgesellschaft fördert das Projekt für weitere drei Jahre.

Cochlea-Implantate wandeln akustische Signale in elektrische Impulse um und stimulieren den Hörnerv. Da die hochkomplexen Prozesse für einzelne Nervenzellen nicht direkt im Menschen gemessen werden können, entwickeln Werner Hemmert, Professor für Bioanaloge Informationsverarbeitung, und sein Team Computermodelle. „Mit über einer Million eingesetzter Cochlea-Implantate sind diese die aktuell erfolgreichsten Neuroprothesen. Unser Ziel ist es, den Hörvorgang mit den Implantaten detaillierter zu verstehen, um damit CIs zukünftig weiter verbessern zu können“, sagt Hemmert.

Von gescannten Felsenbeinen zu präzisen Computermodellen

Die Hörschnecke, fachsprachlich Cochlea, ist im Felsenbein eingebettet, einem besonders harten Teil des Schädels. Auf der Grundlage hochaufgelöster Scans von Felsenbeinen hat das Team um Hemmert bereits virtuelle Modelle erarbeitet, die die menschliche Anatomie der Cochlea präzise wiedergeben. Die Modelle simulieren zudem die Elektroden der CIs und einzelne Nervenzellen. „Die Elektroden des Cochlea-Implantats geben elektrische Impulse ab. Mit unserer Simulation können wir vorhersagen, welche Nervenzellen aktiviert werden und wie sich die Impulse entlang einzelner Nervenzellen ausbreiten“, sagt Albert Croner, der an dem Projekt im Rahmen seiner Doktorarbeit forscht.  

Im Verbundprojekt „Feinstruktur-basierte Modelle zur Hörimplantat Verbesserung“ wird das Team der Technischen Universität München (TUM) gemeinsam mit Forschenden des Innenohrlabors an der HNO-Klinik der Medizinischen Universität Innsbruck daran arbeiten, die Modelle weiter zu verfeinern.

„In der neuen Projektphase möchten wir unter anderem weitere Parameter aufnehmen, wie etwa die Verteilung von Ionenkanälen und die Position der Zellkörper. Unser Ziel ist es einen Rahmen zu schaffen, in dem die einzelnen Parameter zukünftig leicht angepasst werden können. Außerdem möchten wir die Computermodelle mit gemessenen Daten von CI-Nutzer:innen vergleichen, um zu sehen, wie weit sich Simulation und Realität decken“, sagt Postdoktorand Siwei Bai.

Geschädigte Nerven und zeitliche Effekte beeinflussen die Sprachkodierung

Die Forschenden werden zudem untersuchen, wie es sich auf die Qualität der Sprachkodierung auswirkt, wenn Nerven in bestimmten Bereichen beschädigt sind. Auch durch diese Informationen könnten CIs besser angepasst werden, indem beispielsweise Elektroden über Bereichen geschädigter Nerven gezielt abgeschaltet werden.

Werden dieselben Nerven über mehrere Zehntel-Sekunden stimuliert, passen sich ihre Ionenkanäle an und reagieren kurzzeitig nicht mehr auf jeden Impuls. Das Team möchte die Gründe für diese zeitlichen Effekte untersuchen. Die Ergebnisse des Projekts sollen dazu beitragen, den Hörvorgang mit Implantat genauer zu verstehen und nachzubilden und könnten helfen, die CI-Technologie zu verbessern.
 

Weitere Informationen

  • In dem Projekt „Feinstruktur-basierte Modelle zur Hörimplantat Verbesserung“ forschen Wissenschaftler:innen der Technischen Universität München (TUM) unter Leitung von Prof. Werner Hemmert und der Medizinischen Universität Innsbruck unter Leitung von PD Dr. Rudolf Glückert.
  • Das Projekt wird gefördert von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und dem Österreichischem Wissenschaftsfonds (FWF).
  • Prof. Werner Hemmert forscht am MIBE, einem Integrativen Forschungsinstitut der TUM. Am MIBE entwickeln und verbessern Forschende aus der Medizin, den Natur- und Ingenieurwissenschaften und der Informatik gemeinsam Verfahren zur Prävention, Diagnose und Behandlung von Krankheiten. Die Aktivitäten reichen von der Untersuchung grundlegender wissenschaftlicher Prinzipien bis zu deren Anwendung in medizinischen Geräten, Medikamenten oder Computerprogrammen.
     

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