Julia Herzen, Professorin für Physik der Biomedizinischen Bildgebung an der TUM (rechts), und Erstautorin Kirsten Taphorn. Bild: Astrid Eckert / TUM
Julia Herzen, Professorin für Physik der Biomedizinischen Bildgebung an der TUM (rechts), und Erstautorin Kirsten Taphorn. Bild: Astrid Eckert / TUM

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Wie sich Kontrastmittel innerhalb von Zellen verteilen

Detaillierte Aufnahmen von Zellen mit Röntgenkontrastmitteln

Um Weichgewebe bei der Mikro-Computertomographie (Mikro-CT) besser darstellen zu können, werden häufig Kontrastmittel verwendet. Ein Forschungsteam unter Leitung der Technischen Universität München (TUM) hat nun untersucht, wie sich diese innerhalb von Zellen verteilen. Die Ergebnisse können helfen, Röntgenkontrastmittel besser zu beurteilen und weiterzuentwickeln und könnten zukünftig auch zur medizinischen Diagnostik beitragen.

Strukturen von Organen sind bei der Mikro-CT mit konventionellem Röntgen nur schlecht sichtbar. Daher werden sehr häufig Kontrastmittel zum Anfärben genutzt. Wo sich diese genau innerhalb der Zellen verteilen und in welchen Konzentrationen sie dort vorhanden sind, wurde bisher kaum überprüft, da sich dies nur mit hochauflösenden und besonders sensitiven Verfahren untersuchen lässt.

Dies hat nun ein Forschungsteam um Julia Herzen, Professorin für Physik der Biomedizinischen Bildgebung an der TUM, exemplarisch für zwei bereits bekannte Kontrastmittel untersucht. Das Kontrastmittel Jod-Kaliumjodid „IKI“ färbt Zellen unspezifisch an, das heißt es bindet nicht an spezielle Strukturen. Das zweite Kontrastmittel namens Eosin Y enthält Brom und färbt das Zellzytoplasma, also den Innenraum von Zellen, da es an darin liegende Proteinstrukturen bindet.
 

Zellen mit Kontrastmittel wurden besonders hochauflösend untersucht

Die mit Kontrastmitteln angefärbten Gewebe wurden zunächst per dual-energy Mikro-CT (MicroDECT) begutachtet, eine Methode für quantitative Röntgenbildgebung. Damit bestimmten die Forschenden die Konzentration der Röntgenkontrastmittel im Gewebe insgesamt. Die Auflösung ist mit dieser Methode jedoch nicht ausreichend, um einzelne Zellen abzubilden.

Um bestimmen zu können, wie viel Kontrastmittel sich innerhalb der Zellen und dort an den einzelnen Strukturen ansammelt, verwendeten die Forschenden dann eine besonders hochauflösende und sensitive Methode, die sogenannte ptychographische Computertomographie (PXCT), an einer Anlage des Paul Scherrer Instituts in der Schweiz. Die Methode ist zur quantitativen Bestimmung geeignet und Weichgewebe sowie Organe können damit deutlich detaillierter abgebildet werden als mit MicroDECT.

Bei der MicroDECT lieferten beide Kontrastmittel Bilder mit vergleichbar gutem Kontrast. Erst mittels Ptychographie konnte festgestellt werden, dass sich die Aufnahme der beiden Kontrastmittel in die Zellen deutlich unterscheidet. „Überraschend war, dass beide Kontrastmittel in den Zellen jeweils nur in sehr geringen Konzentrationen gemessen wurden, verglichen mit der zugehörigen Ausgangslösung, die wir zum Färben verwendet haben“, sagt Erstautorin Kirsten Taphorn. „Generell konnten wir feststellen, dass Eosin Y sich in den Zellen deutlich weniger anreicherte als das jodbasierte Kontrastmittel“.
 

Mögliche Weiterentwicklung für diagnostische Anwendungen

Das Forschungsteam untersuchte in der aktuellen Studie zunächst zwei bekannte Kontrastmittel. „Zukünftig könnte Ptychographie eingesetzt werden, um neu entwickelte Kontrastmittel zu analysieren und sicherzustellen, ob diese auch wirklich an die gewünschten Strukturen binden. Besonders interessant wäre dies bei Kontrastmitteln, die an sehr spezifische Strukturen binden, zum Beispiel an ein bestimmtes Protein in Tumorgewebe. Diese neuen Kontrastmittel könnten dann in Kombination mit virtueller röntgenbasierter Histologie verwendet werden“, resümiert Prof. Julia Herzen, Leiterin der Studie.
 

Publikation

Kirsten Taphorn, Madleen Busse, Johannes Brantl, Benedikt Günther, Ana Diaz, Mirko Holler, Martin Dierolf, Doris Mayr, Franz Pfeiffer, Julia Herzen: X-ray Stain Localization with Near-Field Ptychographic Computed Tomography. Advanced Science, Juni 2022. DOI: https://doi.org/10.1002/advs.202201723
 

Weitere Informationen

Die Autorinnen und Autoren Prof. Julia Herzen, Prof. Franz Pfeiffer, Kirsten Taphorn, Dr. Madleen Busse, Johannes Brantl, Dr. Benedikt Günther und Dr. Martin Dierolf forschen am Munich Institute of Biomedical Engineering (MIBE). MIBE ist ein Integrative Research Institute der Technischen Universität München (TUM), das interdisziplinäre Zusammenarbeit und Synergien zwischen Forschenden aus dem weiten Feld des Biomedical Engineering fördert. Am MIBE entwickeln und verbessern Forschende aus der Medizin, den Naturwissenschaften und Ingenieurwissenschaften gemeinsam Verfahren zur Prävention, Diagnose und Behandlung von Krankheiten. Die Aktivitäten reichen dabei von der Untersuchung grundlegender wissenschaftlicher Prinzipien bis zu deren Anwendung in medizinischen Geräten, Medikamenten oder Computerprogrammen.

Forschende folgender Universitäten und Institute waren an der Arbeit beteiligt: Technische Universität München (TUM), Paul Scherrer Institut (PSI), Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU).

Die Arbeit wurde gefördert von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG). Open Access Finanzierung wurde über das Projekt DEAL ermöglicht und organisiert.
 

Pressekontakt

Pressekontakt MIBE:
presse@bioengineering.tum.de

Wissenschaftlicher Kontakt

Prof. Dr. Julia Herzen
Technische Universität München
Professur für Physik der biomedizinischen Bildgebung
Tel: +49 89 289-10806
julia.herzen@tum.de