Gitterbasierte Dunkelfeld-Bildgebung mit Röntgenlicht

Verfahren nutzt Streuung von Röntgenlicht im Gewebe

Die Dunkelfeld-Bildgebung mit Röntgenlicht soll die präzise Diagnostik von Lungenerkrankungen ermöglichen und ist dabei mit nur einer geringen Strahlendosis verbunden. Die Methode macht mit Hilfe von drei Gitterstrukturen die Streuung des Röntgenlichts im Gewebe sichtbar und liefert so wichtige Informationen über die Veränderungen der Lungenbläschen. 

Seit über hundert Jahren sind Röntgenbilder aus der medizinischen Diagnostik nicht wegzudenken – sie machen Knochenbrüche deutlich sichtbar und zeigen krankhafte Veränderungen in der Lunge oder der weiblichen Brust. Das Prinzip hinter dem Verfahren ist dabei relativ einfach: Das Röntgenbild zeigt, wie stark das Röntgenlicht im Gewebe abgeschwächt wurde, bildet also praktisch einen Röntgenschatten des Gewebes ab.

Die Möglichkeiten der klassischen Röntgen-Bildgebung sind aber begrenzt: Sie kann zum Beispiel Strukturen im Weichgewebe, die Röntgenlicht schwach absorbieren, nur ungenau abbilden. Gleichzeitig berücksichtigt das klassische Röntgen nur einen Teil der Veränderungen, die das Röntgenlicht auf dem Weg durch das Gewebe erfährt, so dass ein Teil der enthaltenen Information ungenutzt bleibt.

Streuung zeigt Gewebestrukturen

Zum Beispiel bleibt bei der klassischen Röntgen-Bildgebung der kleine Anteil des Lichts unbeachtet, der im Gewebe ganz leicht von seinem gerade Weg abgelenkt. Dieser als Streuung bekannte Effekt, zeigt sich hier vor allem an Grenzflächen zwischen Materialien verschiedener Dichte – also zum Beispiel zwischen Luft und Gewebe, wie sie etwa bei Lungenbläschen vorkommen. Die von Prof. Franz Pfeiffer entwickelte Dunkelfeld-Bildgebung mit Röntgenlicht ermöglicht, dieses gestreute Röntgenlicht zu analysieren und aus den Messergebnissen auf die entsprechenden Gewebestrukturen zu schließen. Sie kann so helfen, Veränderungen der Lungenbläschen zu diagnostizieren und damit einen wichtigen Beitrag zur Diagnostik von Lungenerkrankungen leisten.

Streuung von Röntgenlicht beruht auf der Tatsache, dass sich dieses wie eine Welle verhält. Verwandte Phänomene lassen sich im Alltag bei sichtbarem Licht beobachten – zum Beispiel entsteht ein Regenbogen durch Brechung von weißem Sonnenlicht an Wassertröpfchen in der Atmosphäre. Hier zeigt sich auch, dass die Stärke der Brechung von der Wellenlänge des Lichts abhängt. Bei sichtbarem Licht entspricht die Wellenlänge der Farbe, so dass beim Regenbogen das weiße Licht in die unterschiedlichen Farben aufgespalten wird.

Für Untersuchungen mit sichtbarem Licht wird das gestreute Licht schon seit längerer Zeit genutzt. Das Verfahren der Dunkelfeldmikroskopie macht es möglich, weitgehend transparente Objekte im Mikroskop deutlich sichtbar zu machen. Dabei wird das Objekt mit sichtbarem Licht durchleuchtet, man betrachtet aber nur den Anteil des Lichts, der vom Objekt gestreut wurde. Dadurch erscheint das Umfeld des Objekts, in dem sich keine streuenden Strukturen befinden, dunkel, was dem Verfahren seinen Namen verleiht.

Gitterbasierte Röntgen-Bildgebung

Mit Röntgenlicht lässt sich eine solches Mikroskop aber nicht realisieren, weil sich für Röntgenlicht keine geeigneten Linsen herstellen lassen. Die Röntgen-Dunkelfeld-Bildgebung nutzt statt Linsen als optische Elemente sogenannte Gitter, also Anordnungen feiner Linien, die abwechselnd unterschiedlich für Röntgenlicht durchlässig sind. Fällt Licht von einer Seite auf das Gitter, überlagern sich die Lichtwellen, die durch die verschiedenen Öffnungen hindurchtreten, hinter dem Gitter. Durch diese Überlagerung – oder Interferenz – entstehen typische Muster aus hellen und dunklen Bereichen, die mit Hilfe eines Detektors oder eines fotografischen Films sichtbar gemacht werden können. Ein Untersuchungsobjekt, das sich in dem Weg des Lichts befindet, verändert diese Muster, so dass man aus diesen Veränderungen auf die Struktur des Objekts schließen kann.

Für die Dunkelfeld-Bildgebung mit Röntgenlicht werden insgesamt drei Gitter eingesetzt. Das Röntgenlicht wird von einer konventionellen Röntgenröhre erzeugt, passiert dann die drei Gitter und wird am Ende von einem Detektor registriert. Dieser ersetzt den Röntgenfilm der klassischen Röntgenaufnahmen und funktioniert ähnlich wie der Chip einer digitalen Kamera. Wegen der kleinen Wellenlängen des Röntgenlichts sind die Linien der Gitter nur wenige Mikrometer (Tausendstel Millimeter) breit.

Bei einer Untersuchung befindet sich die Patientin oder der Patient zwischen dem zweiten und dem dritten Gitter. Am Röntgendetektor erscheint dann ein konventionelles Röntgenbild, dem ein Streifenmuster mit einer Breite von einigen Millimetern überlagert ist. Die Streuung schwächt dieses zusätzliche Muster ab, so dass es in den Teilen des Bildes schwächer ist, die Körperbereiche zeigen, in denen viel Licht durch Streuung abgelenkt wird.

Für das Beispiel der Lungenuntersuchung bedeutet das, dass das Streifenmuster in den Bereichen am schwächsten ist, in denen Regionen mit intakten Lungenbläschen abgebildet sind. Eine spezielle Software rekonstruiert aus dieser Darstellung dann zwei getrennte Bilder – ein konventionelles Röntgenbild und ein Dunkelfeldbild, in dem die Bereiche mit intakten Lungenbläschen hell erscheinen, die mit beschädigten dunkel. Dabei sind einzelne Lungenbläschen viel zu klein, als dass sie in einer solchen Untersuchung abgebildet werden könnten. Die Methode macht es aber trotzdem möglich, Informationen über deren Struktur gewinnen.

Die drei Gitter der Dunkelfeldbildgebung

Um die Rolle der einzelnen Gitter anzudeuten, beginnt man am besten mit dem zweiten der drei Gitter (Gitter 1 in der Grafik). Dies ist ein sogenanntes Phasengitter: alle seine Linien sind für das Röntgenlicht durchlässig, verschieben aber in unterschiedlichem Maß dessen Phase. Hinter dem Gitter interferieren die verschieden phasenverschobenen Anteile des Lichts und erzeugen so in einiger Entfernung ein feines Streifenmuster mit Linienabständen von einigen Mikrometern.

Befindet sich auf dem Weg des Röntgenlichts zwischen dem Phasengitter und dem Detektor eine Patientin oder ein Patient, verändert sich dieses Linienmuster infolge der Streuung im Gewebe. Die Linien sind aber zu dünn als dass sie mit einem üblichen Röntgendetektor dargestellt werden könnten. Deswegen wird knapp vor dem Detektor das dritte Gitter (Gitter 2) aufgestellt, das absorbierende Linien hat. Die Interferenz an diesem Gitter erzeugt aus den feinen Linien die breiteren Streifen, die dem Röntgenbild überlagert sind.

Kohärentes Licht aus Röntgenröhre

Damit diese Interferenz zu Stande kommen kann, muss das verwendete Röntgenlicht von hinreichend hoher Qualität - in Fachsprache "kohärent" - sein. Solch kohärentes Licht liefern zum Beispiel Laser oder für Röntgenlicht Synchrotronlichtquellen – große Forschungsanlagen mit oft mehreren hundert Metern Umfang.

In dem Aufbau für die Dunkelfeld-Bildgebung macht es das erste Gitter, (Gitter 0) das sich unmittelbar hinter der Röntgenquelle befinden, möglich, die Dunkelfeldmessungen auch mit Hilfe einer Röntgenröhre durchzuführen, wie sie in Arztpraxen verwendet wird. Dieses sogenannte Quellgitter besteht aus einem absorbierenden Material, in das mehrere parallele feine Schlitze hineingeschnitten sind. Das Röntgenlicht, das von der Röhre aus kommend einen solchen Schlitz passiert hat, ist für die Untersuchung hinreichend kohärent. So wirkt das Quellgitter wie eine Reihe von Quellen kohärenten Röntgenlichts.

Wissenschaftlicher Kontakt

Prof. Dr. Franz Pfeiffer
Technische Universität München
Lehrstuhl für Biomedizinische Physik
Munich Institute of Biomedical Engineering

Tel: +49 89 289 12551
E-Mail: franz.pfeiffer@tum.de